Die meisten Menschen sehnen sich nach der großen Liebe, emotionaler Nähe und Verbindlichkeit. Trotzdem haben manche Männer und Frauen Schwierigkeiten, sich auf Partnerschaften einzulassen. Schnell steht das Wort „beziehungsunfähig“ im Raum. Doch was heißt das überhaupt? Wann ist jemand beziehungsunfähig? Und wichtiger noch: Wie lässt sich das ändern?

Am Anfang läuft alles prima: Du lernst einen netten Typen über Tinder kennen. Ihr versteht euch von Anfang an sehr gut, trefft euch und kommt euch näher. Irgendwann verbringt ihr die Nacht miteinander. Es läuft richtig gut zwischen euch. Nach ein paar Monaten möchtest du die Beziehung vertiefen.

Plötzlich meldet er sich tagelang nicht. Er brauche Zeit für sich, heißt es. Seine Hobbys, seine Freunde und seine Familie sind auf einmal wichtiger als du. Dann fängt er an, mit anderen Frauen zu flirten. Und du verstehst die Welt nicht mehr.

Kommt dir das bekannt vor?

Wenn dein Partner aus dem Nichts heraus die Distanz sucht, kann das ein Hinweis darauf sein, dass er zu den Bindungsunfähigen gehört.

Dein Wunsch nach mehr macht ihm vermutlich Angst – also tritt er die Flucht an.

Wir zeigen dir, woran du erkennst, ob jemand tatsächlich beziehungsunfähig ist. Außerdem geben wir dir fünf Tipps, wie du als Partnerin damit umgehen kannst oder wenn du selbst unter Beziehungsunfähigkeit leidest.

Beziehungsunfähigkeit erkennen

Experten gehen davon aus, dass prinzipiell jeder Mensch in der Lage ist, Beziehungen einzugehen. Laut der Psychotherapeutin und Autorin Stefanie Stahl haben allerdings 30 bis 40 Prozent in der realen Welt Schwierigkeiten damit. Beziehungsunfähigkeit ist eine ernstzunehmende Bindungsstörung.

Helfen kann vor allem therapeutische Unterstützung, denn die wenigsten Männer und Frauen möchten für immer Single bleiben.

Allerdings gibt es auch Alleinstehende, die Beziehungsunfähigkeit als Ausrede vorschieben.

Ob dein Liebster Probleme damit hat, sich zu binden, erkennst du an folgenden Merkmalen:

  • Seine bisherigen Beziehungen waren von kurzer Dauer.
  • Er schmiedet keine Zukunftspläne mit dir.
  • Du merkst bei ihm keine Verbindlichkeit, wenn es um eure Liebe geht.
  • Wenn ihr euch emotional annähert, zieht er sich zurück. Momente intensiver Nähe werden häufig mit Distanz „bestraft“.
  • Ziehst du dich zurück, sucht er deine Nähe. Gehst du darauf ein, vergrößert er die Distanz wieder.
  • Er sagt dir gegenüber Dinge wie: „Ich möchte mich noch nicht binden.“ oder „Ich will keine feste Beziehung.“.

Lässt du dich auf eine Partnerschaft mit ihm ein, steht dir eine Achterbahn bevor. In dem Strudel aus Nähe und Distanz besteht die Gefahr, dass du aus Liebe zu ihm in eine Co-Abhängigkeit gerätst.

Warum sind manche Menschen beziehungsunfähig?

  1. Bindungsangst

Dahinter steckt Angst. Wahrscheinlich hat dein Partner in seiner Kindheit etwas erlebt, das es ihm schwer macht, sich auf Beziehungen einzulassen. Vermutlich beschränkt sich sein Konflikt nicht nur auf Liebesbeziehungen.

Zu prägenden Erfahrungen, die das Verhältnis zu Liebe und Partnerschaft beeinträchtigen, zählen:

  • Scheidung der Eltern
  • Verlust eines Elternteils durch eine schwere Krankheit oder einen Unfall
  • Probleme der Eltern (Alkohol, Drogen, Gewalt, Depressionen)
  • Vernachlässigung
  • Emotionale Zurückweisung
  • Starke Vereinnahmung durch die Eltern
  • Strenge Erziehung

Mann rennt vor Beziehung weg

Meistens liegt die Ursache für Bindungsangst in der frühen Kindheit. Entscheidend sind die ersten beiden Lebensjahre. Wenn dein Freund sich als Kind nicht von seinen Eltern geliebt gefühlt hat, fehlt ihm vermutlich das Urvertrauen.

Vielleicht mangelte es auch an einem Gefühl von Sicherheit. Dadurch hat er es als Erwachsener schwer, dir zu vertrauen.

Oder dein Partner kämpft unterbewusst darum, eine einmal gemachte Erfahrung nie wieder durchleben zu müssen. Seine Lösung: Er weicht vor deiner Nähe zurück.

Es klingt paradox: Je näher ihr euch kommt, desto wichtiger wirst du für ihn. Mit den Gefühlen wächst aber auch die Furcht. Also zieht er sich zurück. Er erkennt nicht, dass er dich dadurch wegstößt. Und auch nicht, dass er dadurch die Gefahr einer Trennung verstärkt.

Er versucht, sich zu schützen.

  1. Erwartungsdruck

Vielleicht hat dein Liebespartner in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass Liebe an Bedingungen geknüpft war. Es gibt Eltern, die ihrem Kind ihre Liebe entziehen, wenn es Fehler macht oder ihre Erwartungen nicht erfüllt.

Das Ergebnis ist ein schwaches Selbstwertgefühl und Bindungsangst. Möglicherweise haben sich frühere Partnerinnen ihm gegenüber ebenso verhalten und seine Abwehrreaktion dadurch verstärkt.

Eventuell befürchtet er, dass

  • sich genau dasselbe mit dir wiederholt.
  • er dir nicht genügt.
  • er sich an deine Standards anpassen und deine Erwartungen erfüllen muss, weil du ihn sonst nicht liebst.

Steckt das hinter seinem Verhalten, hat er Angst, sich in eurer Beziehung zu verlieren.

  1. Karriereorientierung

Ist dein Freund auffällig karriereorientiert? Vielleicht schreckt er davor zurück, eure Beziehung zu vertiefen, weil er große berufliche Pläne hat. Möglicherweise möchte er sich deswegen noch nicht binden.

Es kann sein, dass vor seinem inneren Auge ein Film abläuft: Beziehung, Zusammenziehen, Heiraten, Kinder, Haus mit Garten und Hund…

Gedanken an Ehe und Familie passen vielleicht aktuell nicht zu seinen beruflichen Zielen. Wenn er das Gefühl hat, seine Ambitionen aufgeben zu müssen, schreckt er vermutlich vor einer Partnerschaft mit dir zurück.

Er hat keine Zeit für Beziehungen

In diesen Fall ist er nicht unbedingt beziehungsunfähig. Vermutlich ist er beziehungsunwillig: Ein Leben mit dir passt nicht in seinen Plan.

  1. Konfliktvermeidung

Kann dein Freund sich innerlich abgrenzen? Vielleicht kann er zu dir nicht „Nein“ sagen. Dann stimmt er bei Entscheidungen zwar vermeintlich zu. In Wirklichkeit zieht er sich aber vor dir zurück.

Beispiel „zusammenziehen„: Angenommen du möchtest mit deinem Liebsten die Wohnung teilen. Ihm macht der Gedanke der ständigen Nähe allerdings Angst. Dann möchte er deinen Vorschlag vermutlich am liebsten ablehnen.

Vielleicht fühlt er sich schon bei dem bloßen Gedanken daran in seiner eigenen Burg von dir „belagert“.

Aber er kann sich nicht durchsetzen. Also stimmt er zu und geht innerlich auf Abstand – und du verstehst die Welt nicht mehr.

Hinter Beziehungsunfähigkeit kann sich das Unvermögen verbergen, Konflikte offen anzusprechen. Es erfordert Selbstbewusstsein und Mut, für eigene Bedürfnisse und Wünsche einzustehen.

Manchen Männern fällt es schwer, ihre Gefühle zu zeigen und ihre Gedanken mit ihrer Partnerin zu besprechen.

  1. Egoismus

Dank Online Dating kannst du deinen potenziellen Partner überall auf der Welt suchen und finden. Die Möglichkeiten zur Partnerwahl sind grenzenlos. Das führt bei manchen Menschen zu dem Gefühl, etwas zu verpassen. Sich zu früh zu entscheiden und dadurch die vielleicht beste Partie zu versäumen.

Dein Lebensgefährte könnte noch in der Findungsphase stecken. Möglicherweise möchte er seine Sexualität frei ausleben. Oder er befürchtet, seine Freiheit in der Partnerschaft mit dir zu verlieren. Eine Beziehung mit dir einzugehen, bedeutet dir gegenüber Verpflichtungen und Verbindlichkeit. Dazu ist er vielleicht noch nicht bereit.

Oder er möchte sich allgemein nicht in dieser Form auf dich einlassen.

Der nächste Gedanke tut weh. Aber wir werfen ihn trotzdem in den Raum.

Es ist möglich, dass dein Freund dich nicht genug liebt. Seine Gefühle reichen vielleicht für einen lockeren Kontakt und Sex mit dir. Eine feste Beziehung mit allem, was dazu gehört, kann er sich eventuell aber nicht mit dir vorstellen.

Er hat Angst, dass er dadurch die Chance seines Lebens verpasst. Also erklärt er sich dir gegenüber als beziehungsunfähig – und mit dieser Ausrede ist er aus dem Schneider.

Wie kannst du damit umgehen, wenn er beziehungsunfähig ist?

Wenn dein Schatz tatsächlich beziehungsunfähig ist, braucht er vermutlich therapeutische Hilfe. Gerade wenn die Ursache in der frühen Kindheit liegt, ist es kaum möglich, ohne Hilfe alte Muster aufzubrechen.

Vielleicht ist deinem Freund sein Problem gar nicht bewusst. Es kann sein, dass er sich innerlich nach deiner Liebe und Nähe sehnt, sich aber nicht auf dich einlassen kann. Ein Therapeut kann ihm helfen, seine Beziehungsangst zu überwinden.

Zu Beginn eurer Romanze hast du vielleicht das Gefühl, wichtiger als alles andere für ihn zu sein. Ihr scheint die perfekte Beziehung zu führen. Bis die Angst kommt.

Dann gewinnen berufliche Verpflichtungen, Freunde oder zeitintensive Freizeitbeschäftigungen an Bedeutung: Er hat kaum noch Zeit für dich. Dafür folgt eine Ausrede der nächsten.

Möglicherweise betont er, wie wichtig es ist, dass ihr beide eure Freiheit behaltet. Aber mit Freiheit hat sein Verhalten nicht viel zu tun. Er ist gefangen in seiner Bindungsangst und baut um sich herum eine Mauer auf.

Du kannst ihn dabei unterstützen, seine Furcht abzulegen. Sprich das Problem offen an. Sage ihm, dass du eine Partnerschaft auf Augenhöhe anstrebst.

Wichtig: Du darfst nicht klammern und ihn einengen. Das vergrößert den Abstand zwischen euch. Je mehr du versuchst, an ihm dranzubleiben, desto weniger Nähe wird er zulassen.

Ihr Freund ist beziehungsunfähig

Beziehungsunfähig – es trifft auf Männer und Frauen zu

Es ist kein reines Männerproblem. Auch Frauen können Schwierigkeiten haben, sich auf einen Liebespartner einzulassen.

Falls die oben genannten Kriterien auf dich zutreffen, fragst du dich möglicherweise auch, ob du beziehungsunfähig bist und was du dagegen tun kannst.

Dass du diesen Artikel liest, zeigt: Du bist sensibilisiert für dieses Thema. Du hast also erkannt, dass es in deiner Partnerschaft – oder vielleicht sogar bei dir selbst – eine Herausforderung gibt.

Was du selbst tun kannst, um weniger bindungsscheu zu sein:

  1. Versuche, gelassen an die Partnersuche heranzugehen. Vergiss die Vergangenheit. Sie lässt sich nicht ändern. Konzentriere dich auf das Hier und Jetzt.
  2. Tue etwas für dich: Sorge dafür, dass du dich wohl in deiner Haut fühlst. Erst dann gelingt es dir, dich auf einen anderen Menschen einzulassen.
  3. Gehe das Problem aktiv an: Suche nach anderen Singles, die eine feste Beziehung anstreben.
  4. Falls du bisher ständig an die falsche Person geraten bist, ändere dein Beuteschema.
  5. Mangelndes Selbstvertrauen führt zu ungesundem Beziehungsverhalten. Verbessere dein Selbstbewusstsein.
  6. Suche dir therapeutische Hilfe. Es geht einfacher mit einem Experten, der dir dabei hilft, deine „Altlasten“ loszuwerden.
  7. Sprich deine Ängste aus und rede mit deiner Partnerin oder deinem Partner darüber.
  8. Sorge dafür, dass in deiner Partnerschaft von Anfang an sowohl für Freiheit als auch Zweisamkeit genug Raum bleibt.

Lebe deine Beziehungen

Erfüllte Beziehungen zu führen, ist nicht einfach. Psychologen gehen davon aus, dass sich jeder Mensch nach vertrauensvollen Kontakten sehnt.

Der Wunsch nach Liebe und Bindung ist tief in uns verankert.

Was du tun kannst, ist, möglichst vielen Personen aus deinem Umfeld im realen Leben zu begegnen. Je mehr positive Bindungserfahrungen du machst, desto besser.

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Über den Autor

Darius Kamadeva - Beziehungsexperte

Darius Kamadeva ist Bestseller Autor und der führende Beziehungs- und Datingcoach deutschlands - speziell für Frauen. Auf seinem Youtube Kanal mit mehr als 90.000 Abonnenten hilft er mit seinen über 10 Jahren Erfahrung Frauen zu einer glücklichen Beziehung zu sich selbst und zu anderen zu kommen. Seine Arbeit, Frauen auf ihrem Weg die Heldinnen in ihrem Leben zu werden zu begleiten, ist bekannt aus TV, Radio & Youtube. Er bietet Online Kurse, Retreats, Seminare, Live Events, persönliche Coachings und Video Inhalte an, die Frauen zur Liebe ihres Lebens bringen.